⚖️ Die Nakba und die Zerstreuung der Familie al-Shāqaldi
Erinnerung mit Würde – ohne Schuldzuweisungen
📜 Historischer Hintergrund
Die Nakba (arabisch: النكبة, „die Katastrophe“) bezeichnet die massive Vertreibung, Enteignung und Flucht von über 750.000 Palästinenserinnen und Palästinensern im Zuge des arabisch-israelischen Krieges.
Dieser historische Abschnitt erstreckt sich von der UN-Teilungsresolution im November 1947 bis zum Ende der Kampfhandlungen 1949 – mit dem Jahr 1948 als einschneidendem Wendepunkt, insbesondere durch die Gründung des Staates Israel.
Während dieser Zeit wurden mehr als 500 palästinensische Städte, Dörfer und Viertel zerstört oder entvölkert. Hunderttausende Menschen verloren ihre Heimat, ihr Eigentum und in vielen Fällen ihre gesamte Lebensgrundlage. Auch die Familie al-Shāqaldi, tief verwurzelt in Lydda / Lod, war direkt betroffen.
🏘️ Die Ereignisse in Lydda / Lod
Die Stadt Lydda / Lod, eine der ältesten Städte Palästinas, war 1948 Schauplatz einer der gravierendsten Vertreibungen während der Nakba.
Am 11. Juli 1948 wurde Lydda / Lod im Rahmen der militärischen Operation Dani durch israelische Truppen eingenommen. Kurz darauf wurden Zehntausende Einwohner gewaltsam zur sofortigen Räumung der Stadt gezwungen – viele davon zu Fuß, unter großer Hitze, ohne ausreichende Versorgung, Wasser oder medizinische Hilfe.
Die Familie al-Shāqaldi, eine der alteingesessenen, landbesitzenden Familien der Stadt, war unmittelbar von diesen Ereignissen betroffen.
Viele Grundstücke, darunter fruchtbares Ackerland, Olivenhaine, Zitrusfelder sowie Häuser in Lydda / Lod, waren seit Generationen im Familienbesitz und sind bis heute in osmanischen und britischen Grundbucheinträgendokumentiert.
🚶♂️ Flucht, Zerstreuung und Rückkehr
Die Fluchtwege der Familie waren unterschiedlich und über viele Orte verstreut:
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Ein Teil der Familie floh Richtung Ramallah und in umliegende Orte wie Betunia, dem Herkunftsort der Linie al-Wālī.
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Einige zogen von dort weiter nach Jordanien.
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Andere Familienzweige flohen in den Gazastreifen, darunter nach al-Bureij und al-Maghazi.
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Weitere Verwandte emigrierten in den folgenden Jahrzehnten nach Deutschland, in die USA, nach Australien, Europa und in andere Teile der Welt.
Die Großeltern des heutigen Autors –
ʿAbd al-Raḥīm Zaki ʿUmar al-Shāqaldi (geb. 1920 in Lydda / Lod) und seine Ehefrau Assalle Ḥasan al-Lulu –
flohen gemeinsam mit ihren fünf Kindern, darunter ihr Sohn ʿAbd al-Majīd ʿAbd al-Raḥīm Zaki al-Shāqaldi, nach Betunia.
Dort kamen sie bei den Nachfahren des Bruders von ʿAbd al-Raḥmān ʿUṯmān Ḥusayn Muḥammad al-Wālī unter – jenem Ahnherrn, der 1840 von Betunia nach Lydda / Lod gezogen war, während sein Bruder in Betunia blieb.
Auch Zaki ʿUmar al-Shāqaldi, der Vater von ʿAbd al-Raḥīm, sowie dessen Ehefrau Raba al-Shāqaldi (geb. Armoush)und weitere Kinder – also die Geschwister von ʿAbd al-Raḥīm – flohen mit ihnen zusammen.
Einige Familienmitglieder blieben trotz Gefahr in Lydda / Lod, sei es durch Verstecken oder besondere Umstände.
Einige wenige kehrten Jahre später zurück, jedoch oft unter eingeschränkten Bedingungen: Eigentumsrechte wurden entzogen oder eingeschränkt, Bewegungsfreiheit war limitiert.
🧬 Familiäre Verbindungen und historischer Kontext
Die Familie al-Shāqaldi ist historisch verwoben mit mehreren alten Familiennamen aus Lydda / Lod, Ramallah und Umgebung:
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Die Familien al-Wālī, al-Lulu und Ḥassūna
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Der gemeinsame Ursprung führt auf die Mutterlinie Fatme Mohamed Ahmad al-ʿAwādī zurück, die zunächst mit Muḥammad Ṣāliḥ Ḥassūna verheiratet war, danach mit ʿAbd al-Raḥmān ʿUṯmān Ḥusayn Muḥammad al-Wālī– dem Begründer des heutigen Shāqaldi-Zweigs.
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In späteren Generationen kam es mehrfach zu Ehen zwischen den Linien Ḥassūna, al-Lulu und al-Shāqaldi – darunter auch die Großmutter Assalle Ḥasan al-Lulu.
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Diese familiären Bindungen stärken bis heute die verzweigte Struktur des Clans mit Verbindungen in viele Städte der Region.
🕊️ Erinnerung mit Würde – ohne Schuldzuweisungen
Die Geschichte der Nakba (النكبة) ist für unsere Familie kein abstraktes Kapitel –
sie ist ein gelebter Teil unserer Identität, unserer Erinnerung, unseres kollektiven Gedächtnisses.
Dabei geht es nicht um Schuldzuweisungen, politische Schulddebatten oder die Gewichtung von Leid –
sondern um das würdevolle Erinnern, das ehrliche Überliefern einer Geschichte, wie es viele auf dieser Welt gibt,
deren Weitergabe wichtig ist, um die Menschlichkeit und den historischen Zusammenhang zu bewahren.
Diese Seite ist nicht politisch.
Sie würdigt die Menschen, ihre Wege, ihr Leiden und ihre Stärke.
Sie ist ein Beitrag zur Erinnerungskultur für kommende Generationen,
mit dem Ziel, Verständnis und Respekt zu fördern.
Was verloren ging, bleibt Teil unserer Geschichte.
Was weitergegeben wurde, ist Teil unserer Stärke.Denn das Erinnern ist ein Akt der Ehre –
nicht des Hasses.
Wo auch immer wir heute leben – unser gemeinsames Herz schlägt in Lydda / Lod.